Rom/Würzburg/Aschaffenburg/Bad Neustadt (POW) „Wir haben mehr als eineinhalb Stunden angestanden. Als wir dann mit allen auf den Petersplatz in Rom gelaufen sind, hat sich das Warten auf jeden Fall gelohnt!” Die 14-jährige Rebecca ist am Dienstagnachmittag, 31. Juli, mit ihrer Busgruppe aus der Pfarreiengemeinschaft „Taubergau, Röttingen“ (Dekanat Ochsenfurt) zur Sonderaudienz mit Papst Franziskus auf dem Petersplatz gekommen. Rund 80.000 Ministrantinnen und Ministranten wollten das Oberhaupt der katholischen Kirche einmal live erleben. Doch nicht alle wurden für ihre Geduld belohnt: An mehreren Zugängen wurden die Wartenden nach stundenlangem Anstehen abgewiesen – darunter auch eine Ministrantengruppe aus Bad Neustadt.
Um 16.30 Uhr beginnt das Vorprogramm auf dem Petersplatz. Eine Band aus Wiener und Essener Musikern sowie ein 60-köpfiger Chor mit Sängerinnen und Sängern aus allen deutschen Diözesen und aus Österreich animieren die wartenden Minis zum Mitsingen und Mitfeiern. Eine Gruppe aus der Diözese München-Freising trägt ein Lied gleichzeitig in Gebärdensprache vor. Eine Moderatorin führt durch das Programm, sie wird auf Englisch und Italienisch übersetzt. Links und rechts der Bühne können die Minis das Geschehen auf großen Leinwänden verfolgen. Als kurz vor 18 Uhr Papst Franziskus im Papamobil auf den Platz fährt, jubelt und applaudiert die Menge. Auf der großen Bühne angekommen, begrüßt der Papst die Minis, die sich bis auf die Via della Conciliazione hinaus versammelt haben und seinen Gruß mit tosendem Applaus erwidern.
„Die Herrlichkeit Gottes ist die Nadel in unserem Kompass“, sagt Papst Franziskus auf Italienisch. „Wenn manche von uns mal entmutigt sind, sollte der Rest sie aufheitern und sagen: Kopf hoch!“ Ministrantinnen und Ministranten aus verschiedenen Ländern dürfen Fragen an den Papst richten. So thematisiert ein Teilnehmer aus Deutschland, dass immer weniger Menschen an Gott glaubten und Religion für viele keine Rolle mehr spiele. „Warum sollte man sich gerade für den katholischen Glauben entscheiden, was ist das Wichtigste dabei? Und warum ist der Glaube gerade für Sie so wichtig?“ Papst Franziskus antwortet, dass die katholische Kirche ihre Gläubigen mit den heiligen Sakramenten und den Worten der Bibel bereichere. „Für mich ist es essentiell zu glauben, es gibt mir Leben! Ich denke, der Glaube ist wie die Luft, die wir atmen“, erklärt der Heilige Vater.
Weder das Vorprogramm noch die Ankunft des Papstes und die Sonderaudienz erlebt eine Gruppe mit Ministranten aus Bad Neustadt. Bereits um 14.30 Uhr stellen sich die Minis an einem der südlichen Zugänge an. Nachdem sie zunächst recht schnell durch eine erste Kontrolle in einen abgesperrten Bereich geschleust werden, geht es nur noch zentimeterweise weiter. In den ersten beiden Stunden ist die Stimmung noch voll Vorfreude auf die Audienz. Immer wieder stimmen Gruppen Sprechgesänge an oder singen Lieder aus dem Liederbuch der Ministrantenwallfahrt. So eng beieinander kommen die Minis verschiedener Diözesen ins Gespräch, tauschen ihre Pilgertücher und Pins. „Das Würzburger Tuch war heute total beliebt! Das wollte irgendwie jeder haben”, sagt die 14-jährige Helena. „Ich habe schon das sechste Tuch.” Außer durch die Fahnen der Bistümer sind die Minis kaum noch voneinander zu unterscheiden, weil sie ihre Tücher, Hüte und Schlüsselbänder bunt durchgetauscht haben.
Als nach zwei Stunden die Wasservorräte knapp werden, teilen alle gerne miteinander. Die Bad Neustädter singen das Kreuzberglied und versuchen, geduldig zu bleiben und sich gegenseitig zu motivieren. Michaela Brönner ist bereits zum dritten Mal als Busbegleiterin dabei: „So lange haben wir noch nie warten müssen! Das ist schon echt extrem.” Kurz vor 18 Uhr hören die noch immer außerhalb der Kolonnaden wartenden Minis tosenden Applaus: Der Papst ist da – und sie sind nicht dabei. Plötzlich kippt die Stimmung und einige fangen an zu drängeln. Doch sie haben keine Chance. Die Sicherheitsleute haben die Zugänge geschlossen. Keiner kommt mehr auf den Petersplatz. Die meisten können es noch gar nicht glauben. „Ich bin doch extra dafür mitgefahren! Ich bin auf Miniwallfahrt, um den Papst zu sehen!”, sagte eine Bad Neustädter Ministrantin. Enttäuscht, wütend und traurig verlassen die Minis den Wartebereich.
Andere Gruppen haben mehr Glück. Lara, Amelie und Rebecca aus der Pfarreiengemeinschaft „Taubergau, Röttingen“ standen nur wenige Meter von dem Weg entfernt, auf dem Papst Franziskus durch die Menge fuhr. „Das war schon krass, den Papst mal live zu sehen. Sonst kennt man den ja nur aus dem Fernsehen“, sagt Lea begeistert. Und Amelie fügt hinzu: „Naja, der ist einer der wichtigsten Männer auf der Welt.“ Beide genießen die Gemeinschaft, die sie auf dem Petersplatz erfahren, und dass alle, die da sind, der Glaube verbindet.
Julia, Franziska und Lotte aus dem Dekanat Aschaffenburg standen zwar auch über drei Stunden an, kamen dann aber an einem der östlichen Zugänge auf den Petersplatz. „Der Papst ist fast direkt hier bei uns entlang gekommen. Und dann haben uns ein paar der Jungs auf ihre Schultern genommen, damit wir ihn sehen können”, erzählt Julia. Die Ministranten kommen aus den Pfarreiengemeinschaften „Maria Frieden, Aschaffenburg” und „Zum Guten Hirten, Aschaffenburg” sowie aus den Pfarreien „Sankt Nikolaus von der Flüe, Haibach” und „Sankt Kilian, Aschaffenburg”. Schade finden sie, dass man kaum etwas vom Programm mitbekommt, weil die Lautsprecher nicht laut genug sind, um bis zu den Brunnen in der Platzmitte durchzukommen. „Wir stehen ja zum Glück im Schatten, aber ich frage mich, wie die Priester und Bischöfe es in ihren langen, dunklen Gewändern in der prallen Sonne aushalten”, sagt Franziska.
Nach dem Programm begrüßt Papst Franziskus alle anwesenden Bischöfe, auch Bischof Dr. Franz Jung. Auf den Leinwänden ist die kurze Begegnung bis ganz nach hinten zu sehen und löst bei den 2000 Würzburger Minis Jubel aus. Gegen 20.30 Uhr klingt der Abend aus. Band und Chor spielen und singen für die Minis, die friedlich und erschöpft vom Petersplatz gehen oder sich in ihren Gruppen noch zusammensetzen, singen und austauschen.
Aus Rom berichtet Carolin Hasenauer (POW)
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